Ich denke und überlege: was kann ich nur schreiben? Viele kurze Impulse gehen durch meinen Kopf und verblassen direkt wieder. Ideen kommen und werden verworfen. Währenddessen schreibe ich Platzkärtchen für den Karfreitag-Gottesdienst, fast schon mechanisch, und da packt es mich: Gottes geliebtes Kind, Königskind, von Gott geliebter Mensch, Idee des Schöpfers, Kind des Höchsten. Das ist es doch, worüber sich zu schreiben lohnt!
Gottes geliebte Tochter – wann hast Du zum letzten Mal diesen Zuspruch gehört? Und wann hast Du zum letzten Mal genau das geglaubt? Oder sogar empfunden?
Gott liebt mich und dich, will unser Vater sein. Gottes Kind – welches Geschenk, welches Vorrecht. Und welche Ehre, welche Würde steckt auch darin!
Es ist eine tiefe Wahrheit, die mich trotzdem oft nicht erreicht:
Gott hat den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen. Wenn wir uns umschauen, dann haben Menschen Menschen als Eltern und Katzen Katzen usw. Elternschaft schafft Identität. Dieser Gedanke, zu Ende gedacht, führt uns wieder dahin, dass wir Gottes Kinder sind. So hat er sich das ursprünglich gedacht: in enger Gemeinschaft mit ihm, so richtig familiär. Aber wir sind von ihm weggelaufen. Doch Jesus erzählt dazu sehr bekannte Geschichten (Lukas 15): wiedergefunden, zurückgekehrt, willkommen geheißen.
Ein Kind, das wegläuft, auf der Straße lebt, in der Fremde, bleibt doch das Kind seiner Eltern – nur haben sie die Nähe, die Gemeinschaft verloren. Erst die Familienzusammenführung kann diese wieder herstellen. Mit allen Schwierigkeiten, die durch die Entfremdung zunächst entstehen werden, bis die Familienregeln wieder klar sind, man die Erwartungen des anderen kennt und sich darauf einstellen kann, das Kind sich wieder sicher und geborgen – und geliebt – weiß, weil es das alltäglich erfährt.
Gott möchte diese Nähe genauso. Das war sein Plan von Anfang an. Und Jesus ist gekommen – Gott Sohn – um uns als seine Schwestern in die Gegenwart des Vaters zu führen. Dort dürfen wir ankommen, uns lieben lassen, Gottes „Familienregeln“ lernen und Identität finden: Geliebte Tochter Gottes.
Doch beim Schreiben der Platzschildchen kam mir noch ein weiterer Gedanke: ich habe nicht nur eine Karte beschriftet, sondern viele. Denn wir sind nicht alleine; der Zuspruch, geliebtes Kind Gottes zu sein, gilt nicht nur Dir oder mir. Er gilt nicht nur den netten, freundlichen, angenehmen Menschen um uns herum, in der Kirche oder Gemeinde. Er gilt tatsächlich auch den nervigen, unangenehmen, sogar denen, die Konflikte und Verletzungen verursachen (wer käme auch auf die Idee, dass wir zu diesen Menschen ebenfalls gehören könnten…).
Wenn ich Gottes Familienregeln lernen darf, in seiner Gegenwart, im Bewusstsein seiner Annahme und Liebe und des Wertes, den ich als Königstochter, als Tochter des Höchsten habe – dann darf ich gleichzeitig lernen, liebevoll mit den anderen Familienmitgliedern umzugehen.
Ich wünsche Dir, Du geliebte Tochter Gottes, dass Du Dir Deiner Identität sicher wirst und in Gottes Familie ein Zuhause findest!
Anke Weiß (Mitglied im Arbeitskreis Frauen)